Handball
Euphorie und Depression liegen ganz nah beisammen
VON CARSTEN ROLOFF
Dmitri Filippow, Spielertrainer in Aschersleben,
schaffte den Aufstieg in die zweite Bundesliga.
(FOTO: FRANK GEHRMANN)
ASCHERSLEBEN/MZ. Aufstiegsjubel in Aschersleben,
Untergangsstimmung in Bernburg: Die Kräfteverhältnisse
im Männerhandball haben sich im mittleren Sachsen-Anhalt
zwischen den beiden Städten, die nicht einmal 25
Kilometer voneinander entfernt sind, in den letzten
zwölf Monaten völlig verschoben. Während sich die
"Alligators" mit dem Staffelsieg in der Regionalliga
Nord in die zweite Liga durchgebissen haben, nagen die "Bernburger
Bären" am Hungertuch. Ihre Zukunft ist ungewiss. Einzige
verlässliche Größe ist der Dessau-Roßlauer HV. Die
"Biber" sind seit 1992 ununterbrochen zweitklassig und
führen die ewige Tabelle der zweiten Liga an.
Ausgerechnet ein ehemaliger Bernburger hat enormen
Anteil am Höhenflug der Alligatoren: Dmitri Filippow. Er
wurde im Sommer 2007 aus Kostengründen ausgemustert und
ging zum damaligen Oberligisten, schaffte mit dem HC auf
Anhieb den Sprung in die Regionalliga und kann nun als
Spielertrainer den zweiten Aufstieg innerhalb von drei
Jahren feiern.
"Wir haben noch gar nicht so richtig begriffen, was wir
vollbracht haben. Am Samstag werden wir mit den Fans im
Ballhaus nach der Partie gegen Aurich mit Freibier
feiern", erklärte der Doppelolympiasieger (1992 mit GUS,
2000 mit Russland), der sich für die kommende Serie noch
Verstärkung erhofft. "Wir benötigen unbedingt noch einen
Linkshänder im halbrechten Rückraum, um in Liga zwei
konkurrenzfähig zu sein."
Der Neuling hat sogar die Qualifikation für die
eingleisige zweite Liga und den dafür nötigen neunten
Platz im Blick. Bereits während dieser Saison verstärkte
er sich mit dem erstligaerfahrenen Letten Martins
Libergs (Stralsunder HV, spielte auch für Dessau-Roßlau)
und dem Serben Vajislav Cocuz. Schon deshalb scheint
finanziell alles im Lot, obwohl keine aktuellen
Etatzahlen bekannt gegeben werden. "Es ist immer bitter,
wenn ein Aufsteiger sofort wieder absteigt", sagte
Filippow, der sich trotz seiner 40 Jahre immer noch die
zweite Bundesliga zutraut. "Für 15 bis 20 Minuten wird
es noch reichen, wenn Not am Mann ist."
Filippows Ex-Verein Anhalt Bernburg hat dagegen in der
zweiten Bundesliga ausgespielt. Die Spieler haben seit
drei Monaten kein Geld gesehen und seit 16 Begegnungen
nicht mehr gewonnen. Die Ursache für die
Niederlagenserie liegt auch in der desolaten
finanziellen Situation des Vereins. Ende März zog der
Aufsichtsrat der Handballfördergesellschaft (HFG) den
Lizenzantrag für die zweite Bundesliga zurück. Im April
meldete die HFG dann Insolvenz an.
Ein alter Bekannter soll die Karre wieder aus dem Dreck
ziehen: Der ehemalige Spielertrainer Sven Liesegang.
Doch es ist zu befürchten, dass der Neuanfang sogar in
der Oberliga stattfinden muss. Denn es könnte passieren,
dass der Klub wegen der Insolvenz nicht einmal eine
Regionalliga-Lizenz erhält. Dann könnte auch der Plan,
dass "Liese" um die alten Bernburger Martin Wartmann,
Michael Krause und Toni Pajung eine neue Mannschaft
aufbaut, hinfällig werden. Profis wie Luchien Zwiers,
Risto Lepp, Ingars Dude und Michal Panfil schauen sich
schon jetzt nach neuen Jobs um.
Linkshänder Panfil könnte sogar ganz in der Nähe
bleiben. Der Pole steht auf der Wunschliste des DRHV.
"Ich kann das weder bestätigen noch dementieren. Wir
werden aber einen Linkshänder verpflichten, weil die
rechte Angriffsseite unsere größte Baustelle ist.
Ansonsten hat die Mannschaft gezeigt, dass sie das
spielerische Potential für die Qualifikation zur
eingleisigen zweiten Bundesliga besitzt. Nichts anderes
ist unser Ziel", erklärte DRHV-Präsident Thomas Zänger.
Mit dem Etat in Höhe von 750 000 Euro besitzt der Verein
finanziellen Spielraum.