26. Mai 2010

Herr der Ringe

Im Juni wird es sich entscheiden, ob Alexander Enke alles richtig gemacht hat. Dann liegen viele Wochen intensiver Planung und Versuchsbetreuung hinter ihm. Der 32 Jahre alte Versuchstechniker ist verantwortlich für die Versuchsanstellungen von Bayer CropScience für die Feldtage 2010 in Bockerode.

Rückblick
Alexander Enke besucht im Juli 2009 zum ersten Mal das Ausstellungsgelände für die DLG-Feldtage in Bockerode. Die Orientierung fällt schwer, ringsum nichts als blanker Acker. Nur ein paar kleine, weiße Fähnchen mit dem Bayer CropScience-Logo begrenzen die 3.600 qm große Versuchsfläche, die Enke im nächsten Jahr in Atem halten wird.
Enke nimmt Maß, der erste Schlag muss sitzen. Er markiert den Punkt, von dem aus er "seinen" Claim absteckt und errechnet, wo welche Kulturen ausgesät werden müssen. Am 24.8. drillt er den Winterraps in geraden Reihen, später wird Enke aus dem Rechteck Halbkreise fräsen.
Das Getreide soll in Ringen präsentiert werden. Was sich am Computer relativ simpel darstellt, gestaltet sich vor Ort sehr kompliziert. Was Enke jetzt braucht sind Mittelpunkte. Das Problem: Der Getreidering hat keinen Mittelpunkt, denn der Kreis ist eigentlich eine Elypse. Also muss sich der Versuchstechniker für jede Parzelle einen neuen Mittelpunkt suchen, von dort aus zieht er einen Kreis, errechnet die Parzellengröße und die Saatgutmenge, stellt das Sägerät ein. Für fünf Getreidearten mit jeweils einer Fungizid- oder Herbizidvariante inklusive Kontrollparzelle wiederholt er diese Prozedur. Das kann man, muss man aber nicht verstehen. Hauptsache, Alexander Enke weiß, was er tut. "Acht Stunden haben wir am Getreidering gearbeitet", erinnert er sich. "Und es passt, alles in allem bis auf drei Zentimeter genau."

Frühjahr 2010
Jede Woche einmal besucht Enke im Herbst das Feldtagsgelände, um die notwendigen Pflegearbeiten durchzuführen. Wegen des langen Winters mit einer geschlossenen Schneedecke gerät die Arbeit etwas ins Stocken. Das Frühjahr kommt spät. Ende April - Anfang Mai ist dann wieder Hochbetrieb in Bockerode. Der Mais wird gesät, die Zuckerrüben gedrillt, die Kartoffeln gelegt. Es sieht so aus, als wäre Enke spät dran mit seinen Kulturen. Die Rüben zeigen gerademal zwei Keimblätter, während auf der Nachbarparzelle eines anderen Ausstellers schon kräftig vereinzelt wird. "Das ist so gewollt", klärt Enke auf. "Ein Pflanzenschutzmittelhersteller möchte die Wirkung seiner Produkte präsentieren. Die Unkräuter sollen in vier Wochen noch zu sehen, die Bestände deshalb noch offen sein."
Enke erreicht das, indem er später sät, weniger düngt und auf eine Vliesabdeckung, beispielsweise bei den Kartoffeln, verzichtet. Und er hilft auf der Maisparzelle ein bisschen nach mit Unkrautsamen, um die schnelle Wirkung der Herbizide darstellen zu können.

11. Mai 2010
Inzwischen steht der Raps in der Vollblüte und das Getreide präsentiert sich gut. Auf dem Tagesprogramm steht heute die Getreideblattdüngung in Kombination mit einer Fungizidmaßnahme in Winterweizen (Input Xpro), Wintergerste (Aviator + Fandango) und Winterroggen (Aviator + Fandango). Die Kartoffeldämme sollen noch mit Bandur behandelt werden und für den Raps hat Enke die Blütenbehandlung mit Proline und Biscaya eingeplant. Für die Ausbringung nutzt er eine Schachtner-Spritze mit variablem und höhenverstellbaren Spritzbalken. In einem Hänger sind Spritzmittel, Schutzkleidung und Pressluftflaschen für die Spritze untergebracht. In Marke Eigenbau hat Enke Wassertanks mit eine Pumpe installiert.
Die Dosierungen erfordern Fingerspitzengefühl. Die Schwierigkeit besteht darin, jede Versuchsanstellung richtig zu behandeln, bzw. die Kontrollparzellen nicht zu behandeln. Auch hat jede Sorte andere Ansprüche. Das muss besonders bei der Ausbringung der Wachstumsregler beachtet werden. Die Mischungen rührt Enke in Eimern an, für die Mitteldosierung nutzt er Einwegspritzen. Für jede Parzelle wird der Spritzbalken individuell justiert und der richtige Düsensatz bzw. Blindstopfen montiert.

Der Countdown läuft
Auch und gerade für den Versuchstechniker ist das Thema Anwenderschutz besonders wichtig, da die Distanz zur Spritzbrühe sehr gering ist. Besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreift Enke bei der Rapsblütenbehandlung und greift zum Schutzhelm. Über einen Schlauch auf dem Rücken gelangt hier die gefilterte Frischluft in den Helm.
Nach den Pflanzenschutzmaßnahmen muss Enke noch die Wege mit Gras nach säen und einen Zaun um die Sonderkulturparzelle aufstellen. Kohl und Salat sollen noch mit Insektiziden und Fungizid behandelt werden. Die Gemüsepflänzchen bereiten Enke etwas Kopfzerbrechen, die Möhren sind, obwohl schon vor vier Wochen gesät, noch nicht aufgelaufen. Es ist zu kalt. Der Beratungsmanager Sonderkulturen, Jörg Geithel, hat seinen Besuch angekündigt. Die "Soku Mohrrüben" wird dann entscheiden, ob die Möhren noch eine Chance bekommen oder durch eine andere Kultur ersetzt werden. Auch die Kartoffeln tun sich schwer. Sie sitzen wunderbar im Damm, haben auch schon gekeimt, "aber es ist einfach zu kalt", sorgt sich Enke ein wenig.

Ausblick
"Der Feldtag rückt immer näher", meint Alexander Enke. "Meine Aufgabe der letzten Monate bestand darin, alles so zu planen, dass die Versuche sich an den drei DLG-Feldtagen im Sinne von Bayer CropScience darstellen. Daran werden ich und meine Arbeit gemessen." Enke kann jetzt nur noch an vielen kleinen Schräubchen drehen. "Das Timing muss stimmen." Heute Abend wird Alexander Enke die Kartoffeln deshalb doch noch mit Vlies abdecken. (ap)

Video zu den DLG-Feldtagen mit Alexander Enke