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Quelle:
mz-web.de
Mit Zahl im Puderzucker fallen Würfel für die Firma
VON HOLGER ZIMMER
Helmut Kahl (links) trifft mit Sohn Mathias Absprachen vor der
Produktion von Cremeseife. (FOTO: PETER LISKER)
Halle/MZ.
Als wirtschaftlich besonders erfolgreich bezeichnet der kaufmännische
Geschäftsführer der Stern-Waschmittel GmbH, Helmut Kahl, das vorige Jahr. Der
52-Jährige aber relativiert: "In anderen Jahren waren es nur fünf Prozent, doch
das ist ja auch nicht schlecht, weil wegen der Krise andere Unternehmen
zusammengebrochen sind." Dabei hätte es 2009 vielleicht sogar noch besser
aussehen können, wenn die Baugenehmigung für eine neue Lagerhalle eher gekommen
wäre.
Kahl selbst ist gelernter Chemiefacharbeiter und war Schichtleiter in Leuna.
"Mir stand eine überschau- und planbare Karriere bis zur Rente bevor", sagt er
und packte drei Jahre vor der Wende die Chance beim Schopfe, als ihm bei
Stern-Waschmittel in Weißenfels der Posten des Betriebsleiters angeboten wurde.
Das sei angesichts dessen, dass die dortige Technik mindestens 50 Jahre alt war,
eine Herausforderung gewesen. Helmut Kahl spricht von Optimismus und Fantasie,
die ihn getrieben hätten, aber auch davon, dass er zweieinhalb Jahre später
kündigte. "Es gab keine Perspektive und ich konnte den Arbeitsschutz angesichts
baupolizeilich gesperrter Teile des Gebäudes nicht mehr gewährleisten."
Als die Wende mit ihrer Aufbruchstimmung kam, blieb er. Das Gros der 35
Beschäftigten nahm Altersteilzeitregelungen in Anspruch. Der Bedarf an
Ostprodukten war ohnehin weggebrochen und mit der D-Mark ging 1990 auch der
Export zu den östlichen Nachbarn den Bach runter. Über Wasser hielt man sich mit
dem Vertrieb von Erzeugnissen einer Firma aus den alten Ländern. Als dann die
Frage stand, dort als Geschäftsführer einzusteigen oder sich gemeinsam mit
Karl-Beinz Bergk selbstständig zu machen, tagte der Familienrat. Kahls Frau
Petra backte gerade.
Als eine Million Mark für Investitionen im Puderzucker geschrieben stand, lösten
die vielen Nullen zwar einen Schock aus, aber der beeinflusste die Entscheidung
nicht negativ.
Für den Umzug des siebenköpfigen Teams 1992 in einen ehemaligen Stall nach
Reichardtswerben war es höchste Zeit. Aus der einen Million Mark waren drei
geworden und zwei Jahre hatte es gedauert, ehe man mit der Kreissparkasse eine
Bank fand, die das zu finanzieren bereit war. Worin die Grundlage des Erfolgs
bestand und besteht? "Wir haben immer einen Plan B und wir behandeln den Kunden,
der 30 Paletten Spülmittel kauft, wie den, der drei Kanister haben möchte."
Auch, dass ein Kunde nie mehr als 20 Prozent des Umsatzes einbringen sollte, ist
Prinzip, so dass die Firma das schlechte Jahr 1998 überstehen konnte, als zwei
der größten Abnehmer nicht mehr zahlen konnten.
Helmut Kahl spricht von Flexibilität und ständig neuen Kunden. 850 habe man
insgesamt, gehören auch regionale Lebensmittelbetriebe, Kindereinrichtungen und
Krankenhäuser dazu. Die Aida-Schiffe würden beliefert und die Bahn, aber auch zu
Hotels in Dubai baue er Beziehungen auf, blicke nach Rumänien, Asien und Afrika.
"Ein Unternehmen aus Deutschland, das seit 155 Jahren existiert, gilt etwas in
der Welt." Und er verweist auf den Ausbau der Desinfektionsstrecke und auf
Hygienehandtücher, die neben Haushaltsreinigern angeboten werden.
Der Geschäftsführer spricht von einem ständigen Blick in die Zukunft des
Unternehmens mit seinen 21 Beschäftigten. So habe er schon zur Jahrtausendwende
für sich entschieden, mit 55 Jahren die Geschicke endgültig in die Hände seiner
Nachfolger zu legen. Sein Sohn Mathias (29) ist bereits
Geschäftsführer für die Produktion, Tochter Steffi leitet die Büroarbeit und
Schwiegersohn Lars Timpel (31) soll die kaufmännische Führung übernehmen. Helmut
Kahl hingegen will sich keineswegs zur Ruhe setzen, sondern sich weiter um die
Kundenwerbung kümmern. Und so wie man jetzt in der rohbaufertigen Lagerhalle das
155. Bestehen hat feiern können, wird man dann auch das 160. Jubiläum angehen. |