|
Quelle:
mz-web.de
Burgenlandkreis
Lachen stirbt bei Possenspiel
VON HOLGER ZIMMER
Die Tagewerbener Karnevalisten waren schon im vergangenen Jahr bei der
Schlüsselübergabe am Weißenfelser Rathaus dabei. (ARCHIVFOTO:
LISKER)
TAGEWERBEN/MZ. In Sachen Karneval gab es in
Tagewerben immer was zu lachen. Nun aber gibt es ein Possenspiel außerhalb der
Faschingssäle, und bei dem stirbt das Lachen in manchen Gesichtern. Oder anders
gesagt: Die Fetzen fliegen, denn ein zweiter Verein hat sich in der Ortschaft
gegründet, der zur gleichen Zeit seine Veranstaltungen durchführen will.
Karneval findet also nicht mehr - wie bisher - auf zwei, sondern auf vier Sälen
beziehungsweise in Festzelten statt.
Ausgangspunkt war die Wahl eines neuen Vorstandes des 1. Tagewerbener
Carnevalsvereins (1. TCV). Reinhard Blodau, seit 40 Jahren federführender Jecke,
stellte sich nicht mehr zur Wahl. Statt seiner wurde Mario Kerstan gewählt, der
nach der Wende zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehörte. Klingt alles
noch ganz harmlos. Soweit, so gut?
Nur dass Blodau bei der ersten Zusammenkunft des neuen Vorstandes als Präsident
der Karnevalssitzungen ein Mitspracherecht beanspruchte. Eine zweite
Mitgliederversammlung wurde erforderlich, weil für das Mitregieren des
Präsidenten eine Satzungsänderung gebraucht worden wäre. Bisher war das nicht
notwendig, weil Blodau faktisch in Personalunion Vereinsvorsitz und
Präsidentschaft innehatte.
Zur Zusammenkunft erschienen rund 30 der 50 Mitglieder und die schmetterten das
Ansinnen mehrheitlich ab. Gut 60 Prozent waren gegen die Satzungsänderung.
Daraufhin stand Reinhard Blodau auf und forderte seine Getreuen auf, ihm zu
folgen.
Für Kerstan und das Gros des alten Vereins eine nicht nachvollziehbare Reaktion
und der neue Vereinschef sagt: "Es ist alles demokratisch entschieden worden."
Blodau hingegen spricht von Falschspiel, denn er habe Kerstan erst für das Amt
des Vorsitzenden ins Rennen geschickt, habe mit ihm abgesprochen, dass er ihn
unterstützen wolle, um sich in drei Jahren, zu seinem 60. Geburtstag, endgültig
aus der Verantwortung für die närrischen Zunft zurückzuziehen.
Nun äußert Blodau: "Ich habe 40 Jahre den Buckel hingehalten. Nun bin ich
einfach enttäuscht." Der Frust sitzt so tief, dass Blodau inzwischen den
Tagewerbener Carnevalsclub (TCC) mit derzeit 15 Mitgliedern aus der Taufe
gehoben hat. Und der will ebenso wie der 1. TCV am 15., 16. und 17. Februar den
Schlusspunkt unter die Saison der Jecken um Weißenfels setzen. Damit dürfte
Tagewerben eine vollendete Posse erleben, weil sich das Narrenvolk entweder für
eine Veranstaltung entscheiden oder zweimal Eintritt zahlen muss.
Dabei kann der neue TCC weiterhin Helms Gasthof nutzen und muss nur auf ein Zelt
zurückgreifen. Der alteingesessene 1. TCV hingegen muss zwei Zelte stellen,
betont aber, dass zur Galasitzung am Freitag das Zelt niveauvoll bestuhlt sein
wird, es Heizung und Bedienung gibt.
Und außerdem kann er damit rechnen, dass die Mitwirkenden vom Männerballett bis
zu den Tanzgruppen alle zur Stange halten. Kerstan sagt: "Sie sind nach dem
Vorstandswechsel regelrecht euphorisch." Seine Stellvertreterin Steffi Böhland
setzt hinzu: "Wir haben nur die zehn Mitglieder verloren, die jetzt im anderen
Verein sind, haben aber 16 neue gewonnen." Man habe überlegt, ob man mit den
Zelten auf den Sportplatz ausweiche, aber letztlich trage man den Besuchern
Rechnung, die den Tagewerbener Karneval seit Jahrzehnten im Ortszentrum feiern.
Dabei sollte es bleiben, ist die Meinung im Verein.
Während die Jecken offensichtlich völlig zerstritten sind, stöhnt
Oberbürgermeister Robby Risch bereits, weil er befürchtet, dass beide Vereine
Festzelte gestellt haben wollen. Und Ortsbürgermeister Franz Patzschke (beide
parteilos) spricht von einer hahnebüchenen Situation, stellt aber klar: "Beide
Vereine werden gleich behandelt." Bei entsprechender Antragstellung würden sie
jene Summe aus den Heimatpflegemitteln bekommen wie andere Vereine auch.
Zwei Vereine: Zweimal Werbung für gleiche Termine
Auf ihren Internetseiten machen beide Vereine auf ihre Veranstaltungen beim
Karneval Mitte Februar aufmerksam. Da wird von der Galaveranstaltung bis zum
Kinderfasching Werbung gemacht. Die Vereine verweisen zudem auf ihre lange
Karnevalstradition. Der 1. TCV sieht sich als einziger originaler Tagewerbener
Traditionsverein mit über 60-jähriger Geschichte, ist aber gerade dabei seine
Rubrik "Wir über uns" neu zusammenzustellen, während beim
TCC bereits der
Countdown für den Fasching läuft.
Zur Wahl der Prinzenpaare 2013 |